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Schriftzug Nemo | Wisentgehege Springe

Aus den Fluten gerettet: Findelkind Nemo

Illustration Otter auf zwei Beinen

Dezember 2023: Dauerregen und Sturm halten Niedersachsen in Atem, lassen Flüsse anschwellen, Bäume umstürzen und unterspülen Fahrbahnen. Statt „Wilde Winter-Wochen“ zu zelebrieren, verwandelt sich auch das Wisentgehege Springe in eine wilde Schlamm-Schlacht. Zwischenzeitlich müssen zahlreiche Tiere evakuiert werden, da die Böden aufgeweicht sind und kaum mehr Wasser aufnehmen können. Der Regen jedoch will nicht enden. An Heiligabend herrscht vielerorts Hochwasser und die Otteranlage nimmt durch einen umgefallenen Baum schweren Schaden.
Ein Unglück, das uns ein kleines Weihnachtswunder beschert, denn genau hier beginnt Nemos Geschichte.

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Gramm Geburtsgewicht
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Haare je cm2 haben ausgewachsene Otter
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Minuten lang können Otter am Stück tauchen

Ein kleines Weihnachtswunder

Bei der Zählung am 2. Feiertag fehlt ein halb erwachsenes Jungtier. Tierpflegerin Heike macht sich sofort auf die Suche und findet zu ihrer Überraschung nicht nur den Jung-Otter, sondern ein weiteres Otterbaby, von dem – ohne die Suche nach dem fehlenden Jungtier – wohl niemand je erfahren hätte. Nur wenige Zentimeter haben gefehlt, dann wäre das zu diesem Zeitpunkt etwa 2-3 Tage alte Findelkind in den Wassermassen ertrunken. Ziehmutter Melina Hennig tauft das kleine Weihnachtswunder auf den Namen „Nemo“.

Otter-Findelkind Nemo, handgroß, kurz nach seinem Fund | Wisentgehege Springe

Vom Findel- zum Flaschenkind: Das Otterbaby 1x1

Otter werden blind geboren und wiegen bei der Geburt etwa 130 Gramm. Melina Hennig wird zur Ziehmutter des kleinen Findlings, der zu diesem Zeitpunkt etwa 129 g wiegt. Handaufzucht bedeutet in seinem Fall: Der kleine Nemo wird mit der Flasche aufgezogen und in einem Tragetuch durch viel körperliche Nähe warmgehalten.

Um Ziehmutter Melina zu entlasten, wird Nemo an ein Kuscheltier mit einem akkubetriebenen Herzschlag gewöhnt und verbringt die Ruhephasen seiner ersten Lebenswochen in einer Aufzuchtbox der Marke Eigenbau, die sich in der Waschbärenaufzucht bereits bewährt hat.

Etwa alle zwei Stunden – hier ist er dem menschlichen Nachwuchs nicht ganz unähnlich – wird das Otterjunge mit Aufzuchtmilch gesäugt. Die ersten Milchzähne brechen schon ab dem 14ten Lebenstag durch, sodass Nemo ab der siebenten Lebenswoche – ergänzend zur Milch – zunehmend eine Beikost aus verschiedenen Sorten Fisch (Lachs, Forelle, Kabeljau, aber auch Eier, Eintagsküken, Putenherzen, Krabben, Garnelen usw.) erhält. Mit etwa 34 Tagen öffnet das Findelkind erstmals die Augen. Seither schläft es die Nächte durch.

Babyschwimmen mit Schwimmhäuten

Mit etwa zwei Monaten lernt Nemo im warmen Aquatrainingsbecken in der Tierarztpraxis das Wasser kennen. Zur Wassergewöhnung wird auch der Bachlauf der Kleinraubtieranlage und das Badebecken im Garten genutzt. Nemo muss schwimmen lernen, denn Ottern ist diese Fähigkeit nicht angeboren. Auch sein Fell hat noch längst nicht die Dichte, wie das seiner erwachsenen Artgenossen (später werden es bis zu 70.000 Haare pro cm² sein).

Der kleine Otter wird bei seinen Schwimmversuchen also zu diesem Zeitpunkt noch klitschnass, friert irgendwann und muss deshalb mit einem Handtuch trockengerubbelt werden.

Schwimmen will gelernt sein

Ausgewachsene Otter sind mit ihrem ein- bis eineinhalb Meter langem Körper perfekt dafür gemacht, durchs Wasser zu schießen. Durch Rumpf und Schwanz erzeugen sie kraftvolle Wellenbewegungen und entwickeln dadurch beeindruckende Geschwindigkeiten. Ausgewachsene Otter sind jedoch nicht nur schnelle Schwimmer, sondern auch ausgezeichnete Taucher, denn sie können bis zu fünf Minuten unter Wasser bleiben – eine Fähigkeit, die ihnen jedoch nicht angeboren ist.
Der Nachwuchs muss auch in freier Wildbahn erst Schwimmen lernen. Zu diesem Zweck packt eine Otter-Mutter ihre Jungen am Fellkragen und springt mit ihnen kopfüber in die Wellen, bis sie selbst anfangen zu paddeln.

Tierische Freundschaften

Auch Otterbabys werden so schnell groß: Mit drei Monaten wiegt Nemo bereits 2,2 kg. Er ist unglaublich verspielt, liebt Geschenkband, Bälle, seine Kuscheltiere und vor allem seine tierisch besten Freunde – Familie Hennigs Labrador Mila und Clyde, Tierpflegerin Heikes Hütehund-Mix. Nach einem Tag in seinem Einzelgehege genießt der kleine Otter das Toben mit Hündin Mila. Dabei müssen seine tierischen Freunde inzwischen sehr achtsam sein, denn auch Nemo ist rabiater geworden. Außerdem ist der Zahnwechsel in vollem Gange und die spitzen Zähnchen können richtig weh tun.

Und wie geht's für und mit Nemo weiter?

Mit etwa drei Jahren wird Nemo erwachsen sein. Aktuell lebt er alleine in der alten Mink-Anlage, da er eine Eingliederung bei den erwachsenen Ottern nicht überstehen würde. Außerdem sind Otter von Natur aus Einzelgänger – auch wenn die Eingewöhnung in sein neues Zuhause und die Trennung von Ziehmutter Melina die ersten Tage mit viel Gejammer verbunden war. Nemo ist – bei all der menschlichen Nähe, die er erfährt und zulässt – immer noch ein Wildtier. Mittlerweile hat er sein neues Zuhause bzw. Gehege gut angenommen – und wer weiß, vielleicht findet sich irgendwann ein Otterweibchen für „unseren Nemo“.

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